Impulsinterview | Lorenz Maierhofer

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Sein Name prangt von den gängigsten Liederbüchern im deutschsprachigen Raum. Jede/r Chorsänger/in trällert mindestens einmal in seiner/ihrer Chorkarriere ein Lied oder Arrangement des Komponisten. Schlicht: Für jeden, der singt, ist Kirchbergs Mozart kein Unbekannter.
Lorenz Maierhofer kann auf ein riesiges musikalisches Schaffen zurückblicken und seit ein paar Jahren entdeckt er auch weitere künstlerische Facetten in sich. Er ist ein Mensch, der Wandlungen neugierig entgegenblickt und sie zulässt. Deshalb haben wir ihn zum Interview getroffen und nachgefragt.

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Beginnen wir mit einer philosophischen Frage: In unserem Sprachgebrauch sagen wir „Vögel singen“. Diese Tiere unterhalten sich also singend. Wenn wir uns den Beginn der Menschheit vorstellen, was glaubst du war zuerst da: Sprache oder Gesang?
Lange bevor der Mensch spricht, sind für ihn Stimmklänge wichtig – schon im Mutterleib. Deshalb ist pränatales Singen eine wertvolle Schwingungserfahrung für Mutter und Kind. Vom Geburtsschrei werden Kinder stimmig aktiv, sie weinen, lallen, singen und sprechen. Die Stimme ist das ureigenste Instrument des Menschen. Das Zwitscher Instrument der Vögel überrascht uns immer wieder mit einer Besonderheit: Vogelstimmen kennen kein Moll, sie zwitschern weltweit immer nur in Dur, das stimmt fröhlich!
Du warst lange Zeit als Musikpädagoge tätig, hast den Grundstein für die Kirchberger Musikmittelschule gelegt, und hast um die Jahrtausendwende den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. Hast du diesen Schritt jemals bereut? Wie geht es dir mit dieser Entscheidung?
Ich möchte die schöne und inspirierende Zeit als Lehrer nicht missen, die vielen tollen Schülerinnen und Schüler mit ihren vielfältigen Talenten, auch die Kollegen und Eltern. Ich fühlte mich immer tief eingebunden. Als in den 1990-er Jahren meine Kompositionen und Publikationen im ganzen deutschsprachigen Raum und weit darüber hinaus Verbreitung fanden, wurde mein ortsbezogener Alltag zunehmend auch von internationalen Aspekten geprägt. 2002 entschied ich mich, meine Lehrtätigkeiten zu beenden – an der Kirchberger Musikhauptschule, an der Pädagogischen Akademie Graz Eggenberg und am Musikgymnasium Graz. In einem großen Abschlusskonzert übergab ich in Kirchberg alle musikalischen Leitungen an geschätzte Kollegen, die Koordination der MHS an Hans Unterweger und den MGV an Joseph Neubauer.
Welche Faktoren waren ausschlaggebend für diese Bekenntnis zu deinem Herzensweg?
Ich wollte meiner Kreativität neuen Freiraum geben. Auch wollte ich meine Dienstposten für junge KollegInnen freimachen – es gab damals ja viele arbeitslose Lehrer.
Nach rein musikalischen Jahren spürst du nun auch andere künstlerische Adern in dir pulsieren. Du nutzt jede freie Minute um deine Gedanken bildlich oder schriftlich zu dokumentieren. Auch diese Werk ist mittlerweile so gewachsen, dass es Bücher mit deiner Lyrik und Bildbände füllt. Wie machst du das? Künstler fürchten sich vor kreativen Blockaden, die scheint es bei dir nie zu geben. Was hält dich so vital? Hattest du schon stumme Phasen?
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In meinem kreativen Dreigehirn pulsierten immer schon Musik, Wort und Bild. Ich gab aber viele Jahre lang der Musik vorrangig Entfaltungsraum.

— Lorenz Maierhofer

Musik zu komponieren, Texte zu schreiben und mich auch in Bildern auszudrücken, ist bei mir wesenhaft grundgelegt. Deshalb ist meine Begeisterungsfähigkeit im Kreativsein nie müde geworden. Kreative Umsetzungen sind natürlich auch höchst konzentrierte Arbeit. Für mich ist mein Tun aber in jeder Phase erfüllend, ich bin sehr dankbar und zufrieden.
Wenn dir ein Lied in den Sinn kommt, hörst du dann einen Chor oder nur eine einzelne Melodie in dir?
Das ist unterschiedlich, meistens entspringt alles in einem ganzheitlichen Fluss. Ich komponiere aus dem Kopf auf Papier, schreibe dabei mit einem Bleistift. Ich brauche kein Instrument und keinen Computer, es ist subtile Kopf- und Handarbeit. So sieht man mich auch öfters in Restaurants sitzen und schreiben, dabei entstehen oft fertige Partituren mit allen Stimmen, die dann von meinen Notensetzern abgeschrieben werden.
Deine Schaffensquelle sprudelt. Auch für unseren Ort hast du eine Vision entwickelt. Verrate uns kurz deine kultur-touristische Idee:
Sie geht auf einen Impuls von LH Hermann Schützenhöfer zurück, mein Lebenswerk in musealer Weise zu präsentieren – in Graz, in meiner weststeirischen Heimat, oder in meinem Heimatort Kirchberg. Josef Ober, der langjährige Vordenker im Vulkanland wie auch BGM Helmut Ofner setzten sich dafür ein, dass gerade Kirchberg als mein Heimatort eine diesbezügliche "Kulturadresse" werden kann. Und ich bin in Verbundenheit mit Kirchberg bereit, meinen Namen und mein Lebenswerk einzubringen. Ich will dabei weder etwas werden noch daraus Geld ziehen.
Gibt es schon ein Konzept?
Im Sommer 2019 habe ich ortsangepasstes Konzept "Vokalwelten Kirchberg" geschrieben, mit einer "Erlebniswelt der menschlichen Stimme", mit einem "Chormuseum" und mit klingenden "Hörpfaden". Dies alles könnte Kirchberg, die ganze Gemeinde und die Region in besonderer Weise nachhaltig beleben. Vom Anfang an war es für mich wichtig, dass diese Chance der Entwicklung von vielen in der Gemeinde mitgetragen wird. Ein großes Team von ca. 50 engagierten Persönlichkeiten unserer Region steht bereits dahinter, als Vor- und Mitdenker. Vieles bewegt sich schon in konkreten Bahnen: In diesem ersten Vierteljahr 2020 läuft bereits die "Machbarkeitsstudie" der Kulturabteilung des Landes Steiermark.
Es fällt auf, dass du bei jeder Vorstellung des Projektes betonst, dass es bei den Vokalwelten nicht um dich gehen soll. Du willst dir damit kein Denkmal setzen oder Personenkult um dich treiben.
Mein Lebenswerk ist umfassend publiziert und in vielen Ländern präsent, das ist mehr als ausreichend. Für mich brauche ich das Projekt nicht. Wenn eine "Erlebniswelt der Stimme" in Kirchberg mit dem Anker in meiner Person entsteht, dann ist es für mich wichtig, dass alles stil- und qualitätsvoll gedacht, mitgetragen und gestaltet wird. Nur dann kann ich dem besonderen kultur-touristischen Projekt letztlich zustimmen.
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Viel neue Infrastruktur und Gestaltungsmöglichkeiten könnten entstehen, alle im Ort und in der ganzen Region könnten davon nachhaltig profitieren.

— Lorenz Maierhofer

Es ist dir ein Anliegen bewusst vom Anfang an viele Bürgerinnen einzubinden. Manchmal sprichst du auch von geforderter „Schwarmintelligenz“.
Ich freue mich, wenn viele Persönlichkeiten mit ihren Stärken und Möglichkeiten hinter diese seltene Chance für unsere Region stehen und sich darin auch verwirklichen können.
Wir leben im Neobiedermaier und schwimmen im Wohlstand. Viele finden auf die Frage, was sie bräuchten, keine Antwort mehr. Wie kann die "Erlebniswelt der Stimme" die Menschen berühren und bewegen?
Die Stimme als Menscheninstrument ist mit allem und allen täglich verbunden – bei jeder Sprachäußerung, beim Vorlesen, bei Lied & Song, vielstimmig im Chor, auf der Bühne, in der Casting-Show, am Fußballplatz, beim Bergwandern, beim Telefonieren und Kommunizieren mit Siri oder Alexa. Die Stimme ist heute mehr denn je ein wesentlicher Persönlichkeitsfaktor – das Singen ist als ein ganz weites Feld zu sehn, und für jedes Alter gilt: Singen macht klüger, stärkt das Immunsystem, wirkt anti-aging und hält fit.
Welche Besuchergruppen sind angesprochen?
Zielgruppen sind Bewohner und Besucher der Steiermark, des Thermen- und Vulkanlandes, Österreichs, der EU, Kulturtouristen, Chöre, Künstler aller Sparten, Ausflugsreisende, Schulen, Kindergärten und Familien.
Welches Bild kommt dir in den Sinn, wenn du dich als 95-Jährigen um 5 Uhr nachmittags siehst? Wie schaust du aus, was fühlst du, was machst du, wo bist du?
Ich werde hoffentlich dann wie heute gerne mit Kirchbergern zusammenkommen und mit ihnen bei einem gemütlichen Kaffe plaudern.
Was wünscht du dir für deine Enkelkinder?
Dass sie an eine vitale Gestaltungslust von heute mit neuen Ideen anknüpfen können.