Interview | Barbara Pachl-Eberhart
Luftlinie keine 5km von Kirchberg entfernt, schrieb das Leben im Jahr 2008 eine besondere Geschichte. Bei einem Verkehrsunfall verlor Barbara Pachl-Eberhart ihren Mann und ihre beiden kleinen Kinder. Ihren Weg durch und mit der Trauer hat sie in einem Buch zusammengefasst. Jenes Buch (“Vier minus drei: Wie ich nach dem Verlust meiner Familie zu einem neuen Leben fand”) wurde ein Bestseller. Als Einstieg in unser Jahresthema „Leben im Wandel“ haben wir Barbara Pachl-Eberhart eingeladen, ihre Erfahrungen mit uns zu teilen.
Das Wort „Wandel“ beinhaltet für mich persönlich einen Zeitraum, eine Dauer, einen Reifeprozess. Was ist Wandel für dich?
Natürlich hat Wandel auch für mich etwas mit Reifen zu tun und auch mit dem Vertrauen, dass die Zeit mit und uns für uns arbeitet, wenn es ums Wachsen geht. Vor allem aber ist Wandel für mich eine Haltung: die Bereitschaft, sich vom Leben ergreifen zu lassen und dem Aufruf des Lebendigen zu folgen. Wenn ich mich dem Fluss des Lebens hingebe und mich nicht versteife, dann passiert Verwandlung und Wachstum ganz von selbst, quasi als Nebeneffekt.
Warum hast du zu schreiben begonnen?
War die Idee, deine Geschichte in ein Buch zu fassen und zu veröffentlichen von Anfang an präsent?
Nein, gar nicht. Das Erste, was ich geschrieben habe, war eine acht Seiten lange E-Mail an alle meine Freunde, in der ich von den Erlebnissen rund um den Tod meiner Familie erzählt habe. Damals haben viele gesagt: Schreib bitte weiter, es ist tröstlich, was du erzählst. Erst nach einem Jahr habe ich den Schreibfaden aufgegriffen, als langen Brief an meinen neuen Partner. Er hatte die Idee, meinen Text einem Verleger zu zeigen.
Es gibt die Redewendungen „Alles hat seinen Sinn“ oder „Irgendwann schließt sich der Kreis“. Gibt es so einen Moment für dich in Bezug auf deinen Schicksalsschlag?
Ich kann nicht sagen, dass sich irgendwann ein Kreis geschlossen hat. Eher sind die Sinn-Kreise immer größer geworden, wie Wellen in einem See, nachdem ein Stein ins Wasser gefallen ist.
Du hast wieder eine Familie gegründet. Was ist dir im Familienalltag besonders wichtig?
Mir ist wichtig, nie zu vergessen, dass ich diese Familie nicht „gegründet“, nicht selbst erschaffen habe, sondern dass sie mir geschenkt wurde. Dankbarkeit ist ein großes Wort, eines, das schnell moralisch wird. Aber doch: Ich bin für jeden Moment mit meinem Mann und meiner Tochter dankbar. Das wirkt in den Alltag hinein, in die Bereitschaft zur Versöhnung nach einem Streit, in die Hingabe an Spiel und gemeinsames Tun, in die Art, wie wir einander zuhören.
Hast du Vorbilder oder persönliche Helden/innen? Wer gibt dir Kraft?
Bezeichnest du dich selber als Schriftstellerin? Was ist deine Berufung?
Die korrekte Bezeichnung für meinen Beruf ist „Memoirist“, das ist eine Autorin, die über Erfahrungen aus ihrem Leben schreibt. Meine Berufung ist es, Menschen Mut zu machen. Mut, die Freiheitsgrade des Lebens verantwortungsvoll zu nutzen.
Gibt es eine Frage, die du gerne gestellt bekämst, jedoch kaum oder gar nicht gefragt wirst?
Ich finde, die bisherigen Fragen waren schon sehr schön. Im Grunde freue ich mich über jede Frage – und darüber, dass man mir im Grunde täglich dieselben Fragen stellen könnte und meine Antwort immer wieder eine neue, andere, vielleicht tiefer reichende wäre.
Wenn du morgen mit einer zusätzlichen Eigenschaft oder Fähigkeit aufwachen könntest, welche wäre das?
Ehrlich gesagt würde ich mir von der guten Fee ein besseres Erinnerungsvermögen wünschen. Ich lebe so sehr im Jetzt, dass ich leider vieles vergesse. Gott sei Dank hilft mir das Schreiben, mich an Dinge zu erinnern, aber ein „Elefantenhirn“ wie mein Mutter es hat, beeindruckt mich sehr.
Glaubst du an Wunder?
Ja, unbedingt. Ich glaube nicht, dass man Wunder erzwingen kann, ich glaube auch nicht, dass sie uns selbstverständlich zustehen, ich glaube nicht, dass sie immer zu dem führen, was wir uns als Wunder erhoffen, aber ich glaube fest daran, dass Dinge geschehen können, die wir uns weder vorstellen noch selbst herbei führen können.
Ich habe eine Schwäche für Kaffee mit Hafermilch.
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Mit 70 Jahren möchte ich fit sein und mich noch immer begeistern können.
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Mich ekelt vor Ignoranz, Engstirnigkeit und bequemer Verdrängung.
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Besonders lachen kann ich über die Aussprüche meiner Tochter.
– Barbara Pachl-Eberhart
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